> Du hast doch auch mal an Autoaggresion gelitten.

hier muss ich wohl erstmal festhalten, dass ich nicht daran "gelitten" habe, im gegenteil! leiden kann man das wirklich nicht nennen! autoaggression hat auch sehr viel mit egoismus zu tun. so etwas wie: "ich tue etwas, was mir gut tut, worunter aber alle anderen leiden müssen..."

> Wie hast du es geschafft drüber hinweg zu kommen???????
> Ich schaffs nich.

das problem ist, dass man dafür kein patentrezept liefern kann (ich zumindest nicht - psychotherapeuten unter umständen schon...), da jeder aus anderen motiven heraus autoaggressiv ist. und an diesen motiven muss man arbeiten.
erstmal musst du für dich herausfinden, WARUM du autoaggressiv bist - dann erst kannst du daran arbeiten, die gründe zu beseitigen.
ich weiß es ja selbst: wenn die umstände gegeben sind und man in den rausch der autoaggression gerät, dann ist logisches nachdenken nicht mehr wirklich leicht. darum kannst du dich, während du dich in diese situation schon hineinsteigerst, nicht mehr von der selbstverletzung abhalten. du musst für dich also in deinem "normalen" leben klar machen, dass du das nächste mal in der situation anders reagieren musst. du musst dir in zeiten, in denen du nicht autoaggressiv bist, methoden zurecht legen, wie du solche situationen anders handhaben kannst.

da das jetzt reichlich theoretisch war und dir vermutlich nicht sehr helfen wird, werde ich dir jetzt noch schreiben, wie ICH davon loskam.

hauptsächlich war es wohl die realisation, dass ich den leuten damit förmlich auf die nerven ging. autoaggression erweckt in den seltensten fällen mitleid - meistens schürt es ärger! berechtigten ärger! denn du kämpfst mit sehr gefährlichen und vor allem ziemlich hinterhältigen waffen!
als mir das erste mal von einer freundin gesagt wurde: "wenn du dich umbringen möchtest, dann bring dich halt um!" deprimierte mich das natürlich derart, dass ich tatsächlich pseudo-selbstmordversuche unternahm, um ihr zu beweisen, dass ich dazu in der lage bin. bescheuerter hätte ich natürlich nicht handeln können, denn - verdammt nochmal - sie hatte recht! auch alle anderen, die das später gesagt haben!
dir hilft niemand, weil du autoaggressiv bist! dir helfen leute, wenn du ihnen hilfst! dir helfen leute, wenn sie dich gerne haben, weil du du bist! sie helfen dir NICHT, weil du dir die arme aufschneidest! arme aufschneiden ist in den meisten fällen erpressung. und mit erpressung kommst du nicht weit!

aufgehört habe ich am ende der letzten sommerferien. einen großen ausschlag hat auch mein freund Handy gegeben, den ich in Chemnitz besuchte, um mit ihm drei tage auf der straße zu leben (er ist ein straßenpunk). als er meine vernarbten arme sah, schrie er mich an und machte mich so dermaßen zur sau, dass ich förmlich im boden versank. jedesmal, wenn sein blick auf meine arme fiel, ging es wieder los. einmal machte er mir mitten im vollen bus ´ne szene, da wurde ich so klitzeklitzeklein... und das hab ich gebraucht! vielleicht brauchst auch du sowas mal! denn autoaggression ist scheiße, sie ist gemein, sie ist fies!
ich bin Handys beste freundin und indem er mich so angeschrien hat, hat er mir gezeigt, wie sehr er mich liebt und wie sehr er mich braucht. wenn ich mich selbst verletze, verletze ich zwangsläufig auch ihn - und das will ich nicht!
wenn du sagst, du seist für gerechtigkeit und gleichzeitig autoaggressiv bist, dann kämpfst du mit den falschen waffen, dann hast du etwas falsch verstanden...

vielleicht erscheint dir das alles recht verständnislos, was ich hier schreibe.
aber vergiss nicht: ich war da, wo du jetzt bist. gerade deswegen habe ich auch kein mitleid mit dir.

mir haben bei meinem weg aus der autoaggression auch sehr die schriften von Peace Pilgrim geholfen. vielleicht schaffst du es, irgendwo an ihre bücher dranzukommen. erst durch Peace Pilgrim habe ich wirklich gelernt, mich selbst zu lieben. weißt du: wenn du dich selbst nicht liebst, kannst du auch keinen anderen menschen lieben. wenn du dich selbst verletzt, verletzt du auch die menschen in deiner umgebung.

ich denke, der wirklich ausschlaggebende punkt bei mir war die erkenntnis, dass es letztendlich nichts bringt, sondern alles nur noch viel, viel schlimmer macht. ich versuchte, aufmerksamkeit zu erregen, wollte, dass meine freunde mir mehr beachtung schenken. was habe ich getan? ich habe sie verletzt, ihnen weh getan und sie damit verärgert. mach nicht den gleichen fehler...

...und glaub nicht, es wäre leicht, aus der autoaggression herauszukommen. denn du musst das tun, was den menschen am schwersten fällt: du musst dir bewusst werden, dass du auf dem falschen weg bist! du musst dir eingestehen, dass du scheiße baust! du musst dir klar machen, dass du verdammt viele fehler gemacht hast. - und dafür darfst du dich nicht bemitleiden, dafür darfst du dich nicht bestrafen! denn wenn du das tust, baust du die gleiche scheiße wieder!