Die Bilder kommen nachts


Es ist besser geworden...
Ich kann langsam wieder schlafen gehen, ohne vorher alle Türen und Fenster abzuschliessen, ohne mein ganzes Zimmer nach Fremden zu durchsuchen...
Ohne soviel unter meinem Bett zu verstauen, dass sich da keiner mehr verstecken kann...
Man könnte sagen, ich habe meine Angst besiegt, baue langsam mein extremes Misstrauen wieder ab... und bin dabei, die ganze Scheisse zu vergessen...
Ich habe meine Angst besiegt...
Aber meine Träume kann ich nicht besiegen.
Heute nacht wieder einer...
Irgendwelche Geschöpfe, die ich nicht sehen kann...
Ihre Berührungen, so unangenehm angenehm, bis sie selbst unangenehm und schmerzhaft werden...
Und meine Kleidung, wie sie sich von selbst oder Geisterhand mir vom Leibe reisst...
Ich habe die ganze Scheisse vergessen, aber ein Teil von mir nicht.
Ich hasse es, morgends so müde zu sein...
Auf dem Stuhl halb zu liegen, weil ich wieder kaum geschlafen habe.
Alle paar Minuten neu aufzustehen, weil ich wieder stundenlang wach meinen Teddy umarmt habe.
Die mitleidigen Blicke der anderen zu spüren, weil mein Traum wieder so früh kam.
Jederzeit einschlafen zu können, weil ich es heut nacht nicht mehr konnte...
Ich hasse es, trotzdem nicht zusammenzubrechen...
Ich liebe Berührungen.
Ich liebe es, zu schmusen, zu küssen, einander zu verfallen.
Ich liebe es, umarmt zu werden und ich umarme liebend gerne.
Ich liebe es, Skin2Skin zu tanzen und ich liebe das Kribbeln unter der Haut.
Ich will es lieben.
Ich will nicht mehr, dass es ein Teil von mir nicht liebt.
Weil ich auch mich richtig lieben will.
Manchmal, wenn ich abends auf einer Party bin, Fété mache und die Nacht zum Tag erkläre, bin ich plätzlich nackt.
Einfach so.
Wenn mich dann die besorgten Blicke der anderen auf mir spüre, probiere ich mich zu beruhigen.
Tief und langsam ein- und auszuatmen und mich zu erinnern, dass ich mich doch angezogen habe; mir ins Gedächtnis zu rufen, was genau ich angezogen habe, was ich anhaben müsste.
Manchmal kann ich mein Kleidung dann wieder spüren, manchmal muss ich an mir herabsehen, um es zu glauben.
Manchmal renne ich aufs Klo, um einen Spiegel entscheiden zu lassen.
Wenn ich die Augen schliesse, habe ich keine Angst.
Ich kann dann die Sonne sehen, Blumen blühen, Kinder spielen.
Angenehmes Licht, das mich von innen wärmt.
Ich sehe lächelnd meiner schönen Zukunft entgegen.
Meine Freunde beneiden mich, mich kann die Welt nicht aufhalten.
Ich trage keine Narben am Arm und verteile gerne Freude.

Ich bin glücklich.
Tagsüber.

Die Bilder kommen nachts.


(18.7.01)